Teil 14: Handlung, freier Wille und ...

EINFÜHRUNG IN VEDANTA (RORY MACKAY)

Teil 14: Handlung, freier Wille und die drei Ordnungen der Wirklichkeit

Im vorherigen Artikel dieser Serie haben wir die Natur des Jiva untersucht, also die individuelle Wesenheit, für die wir uns halten.

Wie du dich vielleicht erinnerst, besteht der Jiva aus einem grobstofflichen (physischen) Körper, einem feinstofflichen Körper (bestehend aus Geist, Intellekt und Ego) und dem Kausalkörper (Unbewusstes). Dies sind die Instrumente, durch die sich Bewusstsein auf der materiellen Ebene ausdrückt, was Swami Chinmayananda die „Ausrüstung“ nennt, durch die das Selbst, Bewusstsein, mit der Welt verkehrt.

Das Selbst führt jedoch keine Handlungen aus.

Wie es Krishna im vierten Kapitel der Bhagavad Gita sagt:

„Wisse, dass Ich [das Selbst] jenseits des Tuns bin, immer unveränderlich und frei. Ich habe keinen persönlichen Wunsch zu handeln, noch sehne ich mich nach bestimmten Ergebnissen. Wer das Selbst als handlungslos kennt, ist nicht mehr durch Karma gebunden.“

Aber, wenn das Selbst nicht handelt, und du das Selbst bist, wie kommt es dann zu Handlungen?

Aus der Perspektive des Jiva sieht es sicherlich so aus, als ob du handeln würdest. Jeden Tag vollführst du zahlreiche Handlungen, vom morgendlichen Zähneputzen über den Gang zur Arbeit, das Essen, das Treffen von Entscheidungen bis hin zur Umsetzung verschiedener Ziele und Projekte.

Krishna gibt sogar zu, dass „selbst die weisesten Menschen bezüglich der Unterscheidung zwischen Handeln und Nicht-Handeln verwirrt sein können.“

Die drei Ordnungen (oder Ebenen) der Wirklichkeit

Um die Natur von Handlungen zu verstehen, müssen wir uns mit den drei Ordnungen der Wirklichkeit beschäftigen, wie es im Vedanta heißt. Ein Großteil der Verwirrung rund um das Thema des Handelns entsteht durch die Verwechslung dieser Ebenen.

Diese drei Ordnungen der Wirklichkeit sind das Absolute, das Objektive und das Subjektive.

1. Die absolute Ordnung (Ebene) der Wirklichkeit (Paramartika)

Die absolute Wirklichkeit, Paramartika Satyam, ist Brahman, das Selbst. Das Selbst ist frei von Merkmalen, grenzenlos, unteilbar und jenseits von Geburt und Tod. Als eigentliche Grundlage der Existenz kann ohne das Absolute nichts existieren, auch nicht die beiden anderen Ordnungen der Wirklichkeit. Das Absolute allein ist Satya, während alles andere Mithya ist. Wenn wir über das Selbst sprechen, beziehen wir uns auf diese absolute Ordnung der Realität.

2. Die objektive/empirische Ordnung der Wirklichkeit (Vyavaharika)

Dank Maya erleben wir innerhalb des Absoluten das objektive, empirische Universum, die Welt der Formen und Erfahrungen. Diese Ordnung der Wirklichkeit, Vyavaharika Satyam, umfasst alle Elemente, die Sterne, Galaxien, Welten, Objekte, alle Jivas und alles, was mit den Sinnen wahrnehmbar ist.

Die Objekte der empirischen Ordnung der Wirklichkeit, Maya, existieren ganz offensichtlich, sonst könnten wir sie nicht erfahren. Sie können jedoch nicht als absolut „real“ angesehen werden, weil sie, wie wir gezeigt haben, endlich sind und keine eigene, unabhängige Existenz haben. So wie Töpfe nicht unabhängig vom Ton existieren. Als Wirkung ist die objektive Realität immer völlig abhängig von ihrer Ursache, nämlich reinem Gewahrsein, dem Selbst, oder der absoluten Ordnung der Realität.

3. Die subjektive Ordnung der Wirklichkeit (Pratibhasika)

Innerhalb der objektiven Ordnung der Wirklichkeit erscheint eine dritte Ordnung der Wirklichkeit, die als subjektive oder Pratibhasika-Welt bezeichnet wird. Dies ist die private Welt der Vorstellungen, Projektionen und Träume des Jivas.

In unseren nächtlichen Träumen erleben wir alle möglichen Dinge, die keine empirische Existenz haben. Sie existieren jedoch auf einer persönlichen, subjektiven Ebene, weil wir sie deutlich wahrnehmen.

Wir erleben diese Vorstellungswelt nicht nur im Schlaf. Wir erleben sie auch während des Tages. Wann immer du dich dabei ertappst, dass du träumst, dir etwas vorstellst oder phantasierst, bewegst du dich in Pratibhasika Satyam, der subjektiven Realitätsebene des Jivas, einem Ort, der nur für dich zugänglich ist.

Ängste, Projektionen und Fehlvorstellungen sind ebenfalls Pratibhasika. Im Vedanta findet man die berühmte Metapher von der Schlange und dem Seil. Eines Nachts erreicht ein müder Reisender den Rand eines Dorfes und hält an einem Brunnen an. Er will gerade seinen Durst löschen, als er vor Schreck zusammenzuckt, weil er am Rande des Brunnens eine Schlange erblickt, die ihren Kopf erhebt und zum Angriff ausholt. Erst als sich ein anderer Mann mit einer Laterne nähert, erkennt der Reisende, dass es sich gar nicht um eine Schlange handelt. Es ist einfach nur ein Seil, das an der Seite eines Eimers aufgerollt ist.

Im Falle von Pratibashika ist das, was man sieht, nicht wirklich da. Es ist ein Wahrnehmungsfehler, eine Projektion, die durch den Geist verursacht wird. Aber, real oder nicht, du siehst und erlebst es trotzdem, also besitzt es in diesem Moment eine bestimmte, subjektive Ordnung der Realität.

Verwechslung der Realitätsebenen

Den ganzen Tag über pendeln wir zwischen den beiden letztgenannten Ebenen der Realität hin und her. Wir interagieren mit der objektiven Realität und erschaffen aus unseren Urteilen, unserer Unwissenheit und unseren Projektionen alle Arten von subjektiven Interpretationen und alternativen Realitäten.

Die subjektive Ordnung der Realität wird vom Geist des Jivas erschaffen. Es ist eine private Welt, die nur von diesem speziellen Jiva erfahren werden kann. Die objektive Ordnung der Realität ist eine Schöpfung Ishvaras, die aus der ihm innewohnenden kosmischen Intelligenz hervorgeht. Sie ist keine private Realität, denn sie wird von allen Jivas erfahren. Allerdings sind diese beiden Ordnungen der Wirklichkeit Mithya. Sie leihen sich ihre Existenz von der absoluten Ordnung der Realität, Satya.

Um den Unterschied dieser Realitätsebenen zu verstehen, ist es vielleicht am hilfreichsten, noch einmal das Träumen zu betrachten. Deine Träume stellen eine Ebene der Realität dar, in der du alle Arten von wundersamen und erschreckenden Dingen erleben kannst. Was auch immer in diesem Traum geschehen ist, beim Aufwachen findest du dich völlig unverändert wieder. In deinem Traum hast du vielleicht jemanden ermordet, aber nach dem Aufwachen stellst du dich nicht den zuständigen Behörden.

Der Grund dafür ist, dass das, was in einer bestimmten Ordnung der Realität passiert, nur für diese Ordnung gilt. Es gibt keine Überschneidungen. Deine Träume werden nicht plötzlich in deine Wach-Realität hineinschwappen. Und weder deine Träume noch deine Wach-Realität beeinflussen in irgendeiner Weise die absolute Realität: den unveränderlichen Urgrund der Existenz, reines, undifferenziertes Gewahrsein/Bewusstsein.

Um bei der Traum-Analogie zu bleiben: Du kannst nicht sagen, dass dein Traum nicht existiert hat, denn du hast ihn eindeutig erlebt. Aber Wissen negiert den Traum als nichts anderes als eine Projektion in Bewusstsein, von dem er seine begrenzte Existenz geborgt hat.

Was die Täterschaft anbelangt, so ist der Traum durch dich entstanden, aber du kannst nicht sagen, dass du der Täter im Traum gewesen bist. Da war keine Täterschaft im Spiel. Der Traum war einfach eine Erscheinung im Bewusstsein, seine Form und sein Inhalt wurden von Faktoren bestimmt, die außerhalb deiner bewussten Kontrolle lagen.

Um die drei Ordnungen der Realität noch einmal zusammenzufassen: Die subjektive Welt der Gedanken, Interpretationen und Träume des Jivas überlagert die objektive/empirische Welt von Ishvara. Faktisch ist der Jiva selbst ein Produkt von Ishvara und ist nicht von ihm getrennt. Diese beiden Realitätsordnungen liegen innerhalb der zugrunde liegenden absoluten Realität, dem Selbst - dem Substrat, von dem alle Dinge ihre Existenz ableiten.

Wie Handeln zustande kommt

Vielleicht fragst du dich, wie dieses Ausführungen über Ordnungen der Realität mit Handeln und Nicht-Handeln zusammenhängt. Kurz gesagt: In der absoluten Ordnung der Realität ist das Selbst nicht-handelnd. In der objektiven Ordnung der Realität, der Welt der Namen und Formen, findet jedoch dank Maya Handlung statt.

Genauso wie die Sonne alles Leben ermöglicht, ohne selbst etwas anderes zu tun als zu scheinen, ist das Selbst das Prinzip, durch das die gesamte Schöpfung möglich wird, während es selbst handlungslos bleibt.

Während das Selbst unbewegt ist, befindet sich alles in der materiellen Schöpfung in ständiger Bewegung. Selbst Dinge, die scheinbar leblos sind, wie z.B. ein Stein, sind auf subatomarer Ebene voller Aktivität: ein unbändiger Tanz von Elektronen, Protonen und Neutronen, alle von der inhärenten organisierenden Intelligenz Ishvaras angetrieben.

Während der Jiva schnell Anspruch auf seine Handlungen erhebt, gehören alle Handlungen letztendlich Ishvara, wie wir noch sehen werden. Denn schließlich hat Ishvara den gesamten Mechanismus, durch den der Jiva funktioniert, eingerichtet.

Damit der Jiva eine Handlung ausführen kann, braucht es fünf Faktoren: den physischen Körper, den feinstofflichen Körper, das physiologische System, das Ego und natürlich Ishvara.

Der physische Körper und die Sinnesorgane für Wahrnehmung und Handlung sind zweifellos wesentlich für die Ausführung einer Handlung. Ebenso natürlich die physiologischen Systeme (wie Atmung, Kreislauf und Verdauung), die für das Funktionieren von Körper und Geist notwendig sind. Ebenfalls beteiligt ist der feinstoffliche Körper, zu dem Geist, Intellekt und Ego gehören.

Wie kommt es also zu Handlungen? Zunächst einmal leiten unsere Sinne Informationen an den Geist/Verstand weiter, der dann die Daten filtert, hinterfragt und interpretiert. Der Intellekt wägt dann unsere Optionen ab und entscheidet unter Berücksichtigung früheren Wissens und früherer Erfahrungen (und natürlich von den Vasanas des Kausalkörpers beeinflusst) über eine angemessene Reaktion. Der Verstand erzeugt dann eine Emotion, und diese Emotion nötigt zum Handeln. Zum Schluss führt das Ahamkara bzw. die Funktion namens Ego/Handelnder die Handlung mit Hilfe der Handlungsorgane aus.

Es ist wichtig anzumerken, dass das Ego, obwohl es sich für eine alleinige Autorität und den exklusiven Urheber der Handlung hält (Täterschaft), in Wirklichkeit nur einer von vielen Faktoren ist.

Das Ego ist unser Empfinden des autonomen Seins. Das Empfinden, derjenige zu sein, der Handlungen initiiert und die Verantwortung für die Ergebnisse trägt.

Auch wenn das Ego ein wichtiger Bestandteil des feinstofflichen Körpers ist, hat es ein völlig überzogenes Empfinden von seiner eigenen Wichtigkeit. Es drückt allem seinen Stempel auf und „besitzt“ im Nachhinein jeden Gedanken und jedes Gefühl, obwohl es in Wirklichkeit nur die Spitze eines sehr großen Eisbergs ist.

Ishvara ist der Handelnde

Während das Ego sich als alleinigen Handelnden betrachtet, ist seine Wirkung begrenzt. Schließlich hat der Jiva nicht einmal die Kontrolle über die in seinem Geist entstehenden Gedanken und Gefühle. Diese erscheinen automatisch im feinstofflichen Körper und entspringen dem Kausalkörper, dem Unbewussten, also Ishvara.

Avidya (Selbst-Unkenntnis) veranlasst den Jiva, sich mit diesen Gedanken und Gefühlen zu identifizieren. Das Ego stattet sie mit „Ich-heit“ aus, und so werden sie zu meinen Gedanken und Empfindungen. Weil er das Scheinbare für real hält, glaubt der Jiva, dass er eine begrenzte Wesenheit ist, die einem abgegrenzten und nicht verbundenen Universum ausgeliefert ist.

Aus der Unwissenheit heraus entsteht eine Welt aus Wünschen und Ängsten, die den Jiva zum Handeln veranlassen. Mit jeder Handlung werden die Vasanas stärker und nötigen den Jiva, wieder und wieder zu handeln, während er sich immer mehr im Netz von Samsara verstrickt.

Der Irrtum des Jiva besteht darin, dass er sich das zu eigen macht, was ihm überhaupt nicht gehört. In Wirklichkeit ist der Jiva nicht der Handelnde. Er hat ein Gefühl des Handelns, des Wirkens, aber alles in der objektiven Sphäre, in Maya, gehört zu Ishvara.

Die Gesamtheit der Schöpfung ist Ishvara - das gesamte manifestierte Universum. Auch wenn das Ego sich für den alleinigen Urheber seiner Handlungen hält, ist Ishvara der Urheber. Ishvara ist die Umwelt, in der die Handlung stattfindet, und die Kraft, die in Form von Vasanas die Handlung überhaupt erst erzeugt.

Im Gegensatz zu dem, was die meisten Gurus für Persönlichkeitsentwicklung und Motivation uns glauben machen wollen, ist der Jiva nicht der Kapitän des Schiffs. Ishvara hat den grob- und den feinstofflichen Körper des Jivas und den Kausalkörper erschaffen. Außerdem wird die gesamte Schöpfung von Ishvaras Gesetzen kontrolliert. Alles geschieht nach diesen Gesetzen, einschließlich der Gedanken und Gefühle des Jiva, die von den Gunas und Vasanas bestimmt werden.

Das Ego hört das gar nicht gerne. Es will schließlich nicht arbeitslos werden oder eine demütigende Degradierung erleiden. Seine Aufgabe ist es, die Eigentümerschaft für all seine Gedanken und Handlungen zu übernehmen, und es glaubt grundsätzlich, dass es für diese verantwortlich ist.

Diese Vorstellung von Verantwortlichkeit ist jedoch nur eine fest verdrahtete Illusion. Um der Handelnde, der alleinige Urheber von Handlungen zu sein, müsste der Jiva alle Faktoren, die Handlungen hervorrufen und beeinflussen, kennen und kontrollieren. Das ist ganz offensichtlich nicht möglich.

Wie Carl Sagan einmal sagte:

„Wenn Sie einen Apfelkuchen aus dem Nichts erschaffen wollen, müssen Sie zuerst das ganze Universum erschaffen.“

Da Ishvara das gesamte Universum erschaffen hat, einschließlich der Gesetze, die das Universum und alle Jivas steuern, ist der ultimative Handelnde Ishvara.

Die Sache mit dem freien Willen

Bedeutet dies, dass der freie Wille nicht existiert?

Es ist schwierig, diese Frage mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten. Aus der Perspektive des Selbst gibt es keinen freien Willen, weil das Selbst überhaupt keinen Willen hat. Es hat keinen Willen, weil es nichts anderes als das Selbst gibt. Was könnte das Selbst auch wollen, wenn es bereits überall alles ist?

Die Frage des freien Willens in Bezug auf Ishvara und die objektive Ordnung der Realität (Vyavaharika) ist ebenfalls irrelevant. Ishvara agiert nach universellen Gesetzen, deren Urheber und Ausführender es ist. Wir befinden uns in einem gesetzmäßigen Universum und diese Gesetze bleiben konstant.

Als Herrscher über Maya hat Ishvara Allmacht und Allwissenheit, so dass man denken könnte, dass Ishvara könne seinen Willen ausüben, um die Spielregeln zu ändern. Aber es handelt sich um eine unpersönliche, objektive Schöpfung. Auch nur einen Aspekt zu ändern - z.B. das Feuer kalt statt heiß zu machen - würde die gesamte Schöpfung aus dem Gleichgewicht und das Dharma-Feld durcheinander bringen. Ishvaras Wille ist Dharma. Indem der Jiva in Übereinstimmung mit Dharma lebt, lebt er in Übereinstimmung mit Gott.

Für den Jiva gibt es einen scheinbar freien Willen. Im Gegensatz zu Pflanzen und Tieren, die völlig ihrer Natur entsprechend leben, hat der Mensch die Fähigkeit, zu einem gewissen Grad eine Wahl zu treffen.

Obwohl wir keinen direkten Einfluss auf den uns gegebenen Körper haben, können wir wählen, ob wir uns gesund ernähren und leben, wie wir unsere Haare stylen und welche Art von Kleidung wir tragen. In ähnlicher Weise haben wir vielleicht nur wenig Kontrolle über die äußere Welt, aber mit etwas Glück können wir entscheiden, wo wir leben wollen, mit wem wir zusammen sein wollen und welche Art von Umgebung wir um uns herum schaffen. Wir können wählen, ob wir Tee oder Kaffee trinken, einen Apfel oder eine Orange. Heutzutage können wir sogar unser Geschlecht wählen, wenn wir mit dem angeborenen nicht zufrieden sind!

Natürlich wird jede objektive Analyse der menschlichen Erfahrung zu dem Schluss kommen, dass die meisten Entscheidungen, die wir treffen, eher vorherbestimmt als willkürlich sind. Unser Verhalten und unsere Entscheidungen werden größtenteils durch unsere Umgebung und unsere Konditionierung in Form der Vasanas und Gunas bestimmt. Deshalb ist es zutreffend zu sagen, dass in Wirklichkeit Ishvara die ganze Show am Laufen hält.

Der scheinbar freie Wille des Jivas ist jedoch ein wesentlicher Bestandteil unseres Bauplans. Anstatt eine fatalistische Haltung einzunehmen und sich nicht von der Couch zu rühren, ist es unabdingbar, dass wir diese Fähigkeit ausüben. Das Leben ist ein Tanz, eine Show, und es ist wichtig, dass wir bei der Show „mitmachen“.

Für den Jiva gibt es immer eine Option, die einer anderen vorzuziehen ist. Dharma zu folgen ist zweifellos die beste Option, denn Adharma bringt viele negative Konsequenzen mit sich.

Natürlich kann die Natur oder die Erziehung eine Person dazu bringen, adharmische Handlungen auszuführen. Deshalb sollte der Intellekt immer zur Beurteilung herangezogen werden, ob unsere Handlungen richtig und angemessen sind.

Kurz gesagt, wir sollten bewusst und nicht unbewusst leben. Unsere Handlungen sollten von einem unterscheidungsfähigen Intellekt geleitet werden und nicht von blinder Reaktivität durch Emotionen und Impulse.

Die sich ergänzenden Prinzipien von Dharma und Karma-Yoga bieten eine solide Vorlage für unsere Interaktionen mit der Welt. Dies stellt nicht nur sicher, dass unsere Handlungen in Harmonie mit Ishvara sind, sondern befreit auch mühelos von dem Stress, der durch unsere Last der scheinbaren Täterschaft verursacht wird.

Für den Jnani, dessen Geist durch das Licht der integrierten Selbsterkenntnis gesegnet ist, ist das Gefühl der Täterschaft vollständig ausgelöscht worden. Täterschaft und Wille werden als nur zu Mithya gehörig wahrgenommen, der Erfahrungswelt der Sinne. Das Selbst, als Satya, bleibt immer frei, auch wenn das phänomenale Universum seinen ewigen Tanz fortsetzt.

Das Karmakonto löschen

In der Gita sagt Krishna, dass „die Weisen die Handlungslosigkeit im Handeln sehen“.

Das bedeutet, dass sich ein Jnani selbst inmitten der Handlung bewusst ist, dass das Selbst nicht der Handelnde ist. Das Selbst ist das, durch das Handlung geschieht, während es selbst frei von Handlung bleibt.

Wenn man wirklich der Handelnde wäre, gäbe es kein Entkommen aus Samsara, denn die Grundlage von Samsara ist die Anhaftung an Handlungen und deren Ergebnisse. Der einzige Ausweg ist, die gesamte Idee der Täterschaft zu untersuchen und zu negieren.

Wie Swami Dayananda feststellt:

„Die Zerstörung von etwas, das zu einer bestimmten Ordnung der Realität gehört, kann nur durch den Wechsel in eine höhere Ordnung der Realität herbeigeführt werden. Wenn zum Beispiel der Träumer aufwacht, ist alles, was im Traum getan wurde, zerstört. Die Zerstörung kann also nur durch Falsifikation erfolgen. Zu falsifizieren, was falsch ist, ist Wissen.“

Wenn alle Vorstellungen von Täterschaft als zu Mithya und nicht zu Satya gehörig angesehen werden, zur erfahrbaren Realität und nicht zur absoluten Realität, ist die Vorstellung vom Selbst als Handelndem negiert.

Ahamkara, das Ego, ist ein Hindernis für die Selbsterkenntnis, weil es allem, womit es in Berührung kommt, den Stempel des „Ich-heit“ aufdrückt. Als falsches Selbst, das deine Selbstidentifikation untergräbt, hält es dich an die Vorstellung gebunden, dass du ein begrenztes, zeitgebundenes Wesen bist.

Im Gegensatz zu dem, was einige spirituelle Lehren behaupten, kann das Ego nicht zerstört werden und muss es auch nicht. Es muss einfach als das verstanden werden, was es ist. Das Ego ist nicht das Selbst, auch wenn es glaubt, es sei es. Als eine beobachtbare Komponente des feinstofflichen Körpers gehört es zu Mithya und ist in seiner Existenz vom Selbst, Bewusstsein, abhängig.

Es findet zwar ständig Aktion im Reich von Maya statt, aber diese Aktion ist an die empirische Ordnung der Realität gebunden. Das Selbst, das Absolute, bleibt frei von jeder Handlung.

Selbst wenn du dich immer noch für einen Jiva hältst, macht die obige Analyse deutlich, dass Täterschaft zu Ishvara gehört und nicht zum Jiva oder dem Selbst. So oder so, du bist aus dem Schneider - du bist frei von der Täterschaft. Wenn Karma nicht zu dir gehört, dann gehören auch die Ergebnisse des Karmas nicht zu dir. Die Handlung und ihre Ergebnisse gehören allein zu Ishvara.

Wenn du dich nicht mehr als Jiva identifizierst, gibt es niemanden mehr, der Anspruch auf das Eigentum an den Ergebnissen von Karma erhebt. Dein „Karmakonto“ wird sozusagen aus dem System gelöscht.

Während das Prarabdha-Karma - das Karma, das in diesem konkreten Leben zum Tragen kommt - sich noch abspielen muss, wird es durch Selbsterkenntnis so gut wie neutralisiert. Als Jnani, als befreite Seele, bist du von diesem Karma abgeschottet, weil dein Geist sowohl in vorteilhaften als auch in unvorteilhaften Umständen gleich bleibt. Es kann kein neues Karma angesammelt werden, weil es keinen „Adressaten“ mehr gibt.

Unbelastet von den Wahnvorstellungen des Egos, etwas zu tun, und von selbst falscher Selbst-Identifikation, erkennst du dich selbst als vollkommen, vollständig und unendlich zufrieden in dir allein. Du hast es nicht mehr nötig, die äußere Welt zu manipulieren und Objekten hinterherzujagen, um glücklich zu sein. Warum solltest du auch, wenn du eine unerschöpfliche Quelle des Glücks in dir selbst hast?

Handeln für den Erleuchteten

Wer das Selbst kennt, hat das höchste Ziel des Lebens erreicht und braucht in der Welt nichts mehr zu suchen. Für den Unwissenden entsteht Handlung aus dem Bedürfnis, jemand zu werden, um Erfüllung, Glück und Ganzheit zu erlangen. Aber da der Jnani weiß, dass er bereits vollkommen ist, hat er nichts zu gewinnen oder zu beweisen. Seine Handlungen richten sich spontan nach dem Dharma aus, weil er keinen Grund hat, es zu verletzen.

Ein erleuchteter Geist hält sich nicht länger für ein endliches Wesen, das in einer feindlichen Außenwelt erscheint und deren Beschränkungen unterworfen ist. Alles wird als das Selbst gesehen. Der Jnani betrachtet die gesamte Welt als eine Erscheinung in Bewusstsein, so wie die Traumwelt in der Nacht in Bewusstsein erscheint.

Der Befreite verliert sich nicht mehr in endlosen Selbstbetrachtungen, wird nicht mehr von zwanghaften Wünschen und fieberhaften Projektionen über Vergangenheit und Zukunft gepackt, sondern lebt im gegenwärtigen Moment und genießt das Leben als das, was es ist, frei von dem Bedürfnis, etwas zu ergreifen oder zu kontrollieren.

Während der Samsari Handlungen für das eigene Glück ausführt, führt der Jnani Handlungen aus dem Glück heraus aus. Während der Samsari für die Erfüllung arbeitet, arbeitet der Jnani aus der Fülle heraus. Was auch immer der Samsari sucht, der Jnani hat es bereits gefunden.

Frei von egoistischem Verlangen oder Willen, handeln die Befreiten, um die Welt zu segnen, anstatt von der Welt zu nehmen.

Vedanta definiert Erfolg als die Fähigkeit, sowohl die Erfolge als auch die Misserfolge des Lebens mit gleicher Anmut zu bewältigen. Es ist schließlich unmöglich, das eine ohne das andere zu erleben. Gleichermaßen im Glück und im Unglück und frei von emotionaler Abhängigkeit von Objekten, ist nur der Jnani in der Lage, das Spiel des Lebens wirklich zu genießen. Solche Seelen betrachten das Leben als Lila, als ein göttliches Spiel oder Sport.

Selbsterkenntnis verlagert das Zentrum unserer Identität vom Jiva zum Selbst, von Mithya zu Satya. Natürlich bleiben der Körper, der Geist, der Intellekt und das Ego für die ihnen zugewiesene Lebensspanne bestehen. Das Leben setzt seinen fröhlichen Tanz fort. Der Jiva muss immer noch morgens aufstehen, das Bett machen und seinem Tageswerk nachgehen. Handeln geht also weiter wie bisher, entsprechend unserem Karma.

Die Weisen verzichten daher nicht auf Handlungen, indem sie sich der Handlungen enthalten - was letztlich eine unmögliche Aufgabe ist. Stattdessen verzichten sie auf Handeln durch Wissen. Sie handeln weiterhin, aber sie identifizieren sich nicht mehr als der Ausführende dieser Handlungen.

Swami Paramarthananda vergleicht dies mit dem Verkauf eines Hauses, in dem man aber weiterhin wohnt. Alles mag gleich erscheinen und das Leben geht weiter wie bisher, aber die Urkunden wurden an Ishvara übergeben (der in Wirklichkeit die ganze Zeit über alles besaß). Anstatt mit einem Gefühl von Besitz und Anrecht zu leben, leben die Weisen als Treuhänder, mit dem Wissen, dass alles in dieser Welt eine vorübergehende Leihgabe von Ishvara ist.

Als derjenige, der die gesamte Schöpfung hervorbringt und erhält, hat Ishvara das Haus zur Verfügung gestellt - genauer gesagt, unseren Körper und unsere Umwelt - und kümmert sich um den größten Teil seines Unterhalts.

Als Gegenleistung für die Miete wird von uns erwartet, dass wir Dharma folgen und alles gesund, sauber und in Ordnung halten. Obwohl die letztendliche Verantwortung beim Vermieter liegt, müssen wir uns dennoch gut um sein Eigentum kümmern. Schließlich riskiert jeder, der dem Vermieter zu viele Probleme bereitet, eine Zwangsräumung!

Das Leben als Opfergabe

Es ist absolut angebracht, mit Dankbarkeit und Hingabe zu leben. Krishna spricht davon, ein „gebetvolles“ Leben zu führen, ein Leben der Hingabe und des Opfers. Wir haben alles von Ishvara erhalten, und deshalb haben wir eine Schuld zu begleichen.

Krishna skizziert verschiedene Möglichkeiten, wie wir Yajnas, also Opfergaben, bringen können. Dazu gehört, anderen zu helfen, sei es in Form von Zeit, Mühe oder Geld, Mäßigung in der Ernährung und im Lebensstil zu üben und Yoga zu praktizieren, um Körper und Geist zu reinigen.

Die höchste Form der Opfergabe ist jedoch das Streben nach und das Praktizieren von Selbsterkenntnis. Sie befreit den Jiva von der Bindung an Handlung und Samsara. Deshalb empfiehlt Krishna, einen qualifizierten Lehrer zu finden, der die Vision des Vedanta entfalten und alle Zweifel oder Verwirrungen, die entstehen könnten, auflösen kann.

Damit die Lehre wirken kann, musst du sicherstellen, dass du ein entsprechend qualifizierter Schüler bist. Daher musst du einen beständigen, ruhigen Geist kultivieren, der in der Lage ist, der Lehre mit zielgerichteter Hingabe zu lauschen und darüber nachzudenken. Du brauchst sowohl den Glauben an die Lehre und den Lehrer, als auch die Aufrichtigkeit und das Engagement, es durchzuziehen. Die Disziplin der Sinne ist ebenfalls wichtig, sonst wird dein Geist wie ein wildes Pferd mal hierhin, mal dorthin und wer weiß wohin galoppieren.

Die größten Hindernisse auf dem Weg zur Erkenntnis sind Unwissenheit, mangelnder Glaube und Zweifel. Die Lösung besteht darin, Karma-Yoga zu praktizieren, um die rastlose Extrovertiertheit des Geistes und seine verfestigten Vorlieben und Abneigungen zu neutralisieren. Erst dann ist man fit für Jnana-Yoga, den Yoga der Selbsterkenntnis.

Diese Selbsterkenntnis zerstört die Vorstellung von Täterschaft. Sie tut dies, indem sie das liefert, was Shankara „klare Vision“ nennt, nämlich die unerschütterliche Unterscheidung zwischen Satya und Mithya, dem Wirklichen und Unwirklichen.Alle Handlungen, einschließlich des Handelnden, des Zwecks und der Mittel der Handlung und der Handlung selbst, werden als Mithya verstanden - was bedeutet, dass sie nur scheinbar real sind.

Wenn Kummer, Verblendung und Leiden sich im Licht der Wahrheit auflösen, erlangst du den absoluten Frieden deiner eigenen Natur als das immer freie, immer strahlende Selbst.