UND WARUM DAS LEBEN DARAUF AUSGERICHTET IST, DICH ZU ZERMÜRBEN
Was wäre, wenn ich dir sagen würde, dass das Leben nicht dazu bestimmt ist, zu funktionieren?
Damit meine ich, dass das Universum im Gegensatz zu dem, was dein Ego vielleicht annimmt, nicht die immense Mühe des Daseins auf sich genommen hat, nur um deine Wünsche zu erfüllen und deinen persönlichen Vorlieben und Launen zu entsprechen.
Es ist bitter, diese Pille zu schlucken. Mit einer solchen Behauptung ließen sich wahrscheinlich nicht viele Bücher verkaufen. Deshalb ist die Autorin von "The Secret" höchstwahrscheinlich Millionärin, während von Vedanta die meisten Menschen noch nicht einmal etwas gehört haben.
Aber es bedarf der Wiederholung. Nichts auf der Welt ist in der Lage, dir wahres und dauerhaftes Glück und Erfüllung zu bringen. Absolut gar nichts.
Ich habe Jahre gebraucht, um zu erkennen, wie sinnlos es ist zu versuchen, dauerhaftes und gleichbleibendes Glück aus Erfahrungen, Objekten, Beziehungen oder irgendetwas außerhalb meiner selbst zu gewinnen.
Der Grund liegt darin, dass sich alles innerhalb der phänomenalen Existenz in einem ständigen Fluss befindet. Der Gegenstand, das Ereignis oder die Person, der/die dich heute mit Freude erfüllt, wird dir morgen mit gleicher Wahrscheinlichkeit Elend bescheren. Deshalb ist die emotionale Abhängigkeit von sich ständig verändernden äußeren Faktoren, die sich immer außerhalb deiner direkten Kontrolle befinden, ein Patentrezept für ein Leben voller Frustration und Leid.
Wie wir noch sehen werden, liegt die Wurzel allen menschlichen Leidens in der Unkenntnis unserer eigenen Natur.
Wenn du Erscheinungen als Wirklichkeit betrachtest, identifizierst du dich mit deinem Körper und deinem Geist und damit auch mit deren Begrenztheit.
Wenn du in dir selbst ein Gefühl von Mangel und Begrenztheit empfindest, projiziert dein naturgemäß nach außen gerichteter Geist Glück auf die Welt der Objekte.
Wegen eines Prozesses der Überlagerung gehst du davon aus, dass bestimmte Objekte in der Lage seien, dir mehr Glück zu schenken, als sie es tatsächlich können.
Du glaubst, dass du, wenn du nur das bekommst, was du willst - den perfekten Partner, den perfekten Job, den perfekten Körper oder das perfekte Haus oder Auto -, endlich das tiefsitzende Gefühl des Mangels und der Unzulänglichkeit auslöschen kannst, das jede deiner Handlungen und jedes deiner Ziele bestimmt.
Die Erwartung, dass das Leben deinen Vorlieben und Abneigungen entsprechen sollte, resultiert immer in Leiden. Das liegt daran, dass sich das Leben leider einen Dreck um deine Vorlieben und Abneigungen schert. Sie spielen überhaupt keine Rolle. Der Tanz der Schöpfung entfaltet sich völlig unpersönlich. Er ereignet sich unabhängig von deinen Wünschen und Abneigungen. Du hast zwar die Fähigkeit, bestimmte Aspekte deines Lebens zu beeinflussen, aber die phänomenale Realität, die Realität der in Erscheinung tretenden Objekte, wird von seiner eigenen Gesetzmäßigkeit und einer unermesslichen Verkettung von miteinander verbundenen Ursachen und Wirkungen bestimmt, über die du keine Kontrolle hast.
Vedanta lehrt, dass die objektive Welt, die wir Maya nennen, NICHT dazu bestimmt ist, dich zu befriedigen. Vielmehr ist sie dazu geschaffen, dich zu frustrieren und zu zermürben, bis du zu deiner wahren Natur erwachst.
Vedanta lädt dich ein, dich eingehend mit der grundlegenden Fehlannahme auseinanderzusetzen, die dich veranlasst hat, dein Glück in äußeren Faktoren zu suchen: dem Gefühl, ein begrenztes, unzureichendes, mangelhaftes Wesen zu sein, das an Zeit und Form gebunden und allen möglichen Arten von Leiden und Limitierungen unterworfen ist.
Im Leben geht es nicht darum, was du als Person willst. Das Feld der Existenz ist weit größer als das menschliche Ego und hat keine Skrupel, dieses kleine Ego in Stücke zu reißen. Aber das Leiden treibt dich an, nach einem Ende des Leidens zu streben, nach Befreiung von deinem Empfinden von Begrenztheit und Schmerz.
Die Lösung besteht nicht darin, zu versuchen, Maya zu kontrollieren und sie dazu zu bringen, sich deinen Vorlieben und Abneigungen anzupassen - die sich sowieso ständig ändern! Das ist ein idiotisches Spiel und es wird niemals sehr lange funktionieren. Wie oft musst du Liebe und Erfolg hinterherjagen, was immer nach hinten losgeht und mit Tränen endet, bevor du erkennst, dass, wenn es funktionieren würde, es schon lange vorher funktioniert hätte?
Du kannst das System nicht besiegen - das Leben ist, was es ist, und es tut, was es tut. Aber du kannst das System transzendieren, und das geschieht nicht durch Handlungen, oder indem du bestimmten Erfahrungen nachjagst, von denen du denkst, dass sie dich heilen werden. Es geschieht durch Wissen.
Erinnere dich daran, dass die Wurzel dieses Problems in der Unkenntnis deiner eigenen Natur liegt und darin, dich selbst als eine begrenzte Form anzusehen. Vedanta zeigt, dass du in Wirklichkeit weit mehr bist als eine Ansammlung von Materie oder Gedanken. Die einzige Lösung für ein Problem von Unwissenheit ist Wissen, und das letztendliche Wissen - Selbsterkenntnis - wird deine Sicht auf alles verändern. Äußerlich mag sich wenig ändern, aber innerlich erfährst du eine revolutionäre Verschiebung deiner Perspektive.
Wenn du weißt, wer du wirklich bist, wenn du die Tiefen deines Seins erforschst und siehst, dass Ganzheit und Glück, was du so lange in äußeren Objekten und vorübergehenden Vergnügungen gesucht hast, in Wirklichkeit schon die ganze Zeit in dir war, ändern sich die Regeln des Spiels.
Nur dann - frei von dem verzweifelten Bedürfnis zu suchen, zu erlangen, zu besitzen, zu sein und zu werden - kann das Leben endlich genossen werden und wird nicht länger von dem existentiellen Leiden namensSamsaraverdorben.
Dies ist der erste einer Reihe von Artikeln, die die Psychologie des Vedanta behandeln und die Natur von Samsara, dem psychologischen Leiden und die Motivation menschlicher Bestrebungen, untersuchen. Außerdem wird untersucht, wie die Erforschung unserer eigentlichen Natur zur Befreiung führen kann, zu dem, was wir Moksha oder Erleuchtung nennen.